Main content
Top content
Politisierung europäischer Sicherheit
Politisierungsprozesse in den Bereichen Terrorismusbekämpfung und Grenzsicherheit
Projektleitung: Prof. Dr. Ulrich Schneckener
Projektmitarbeiterin: Lina Liedlbauer
Projektzeitraum: 01.05.2018 - 30.09.2023
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Das Projekt untersucht, wie und unter welchen Bedingungen sich Politisierungsprozesse im Bereich der europäischen Sicherheit entfalten. Es stellt damit etablierte Annahmen in Frage, die das vermeintlich besondere Feld Sicherheit mit Formen der Entpolitisierung in Verbindung bringen. Es entwickelt einen mehrstufigen analytischen Rahmen zur Untersuchung von Politisierung und analysiert den Ablauf sowie die förderlichen Bedingungen von Politisierungsprozessen durch detaillierte Fallstudien. Das Projekt will die black box von Politisierungsprozessen öffnen, indem es konkrete Politisierungsakte verschiedener Akteure, die sich anschließenden Kontroversen und Interaktionen sowie die daraus resultierenden, potenziell ambivalenten Konsequenzen in den Blick nimmt. Die empirische Analyse beleuchtet Politisierungsprozesse in den Feldern Terrorismusbekämpfung und Grenzsicherheit auf der europäischen Ebene und der nationalen Ebene (am Beispiel Deutschlands). Als Ausgangsbeobachtung dient, dass die Bereitstellung umfassender Sicherheit entlang der aufgeweichten Grenze zwischen Innen und Außen zunehmend Gegenstand öffentlichen Interesses und öffentlicher Kontroversen wird. Im Angesicht transnationaler Risiken (insbesondere Migration und Terrorismus) nutzen die EU-Institutionen ihre Sicherheitsfunktion zunehmend als Quelle der Legitimation, etwa im Kontext der ausgerufenen „Sicherheitsunion“. Dies stellt im Gegenzug die Legitimität europäischer Sicherheitsinstitutionen zur Diskussion. Auf der einen Seite richten sich Bedenken hinsichtlich der Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten immer stärker auch an die EU, besonders sichtbar im Kontext der Vorratsdatenspeicherung, der Überwachung von Datenströmen oder dem Ausbau von FRONTEX. Auf der anderen Seite gibt es vermehrt Forderungen aus verschiedenen politischen Lagern, dass die EU ihre Rolle im Sicherheitsbereich ausbauen soll, oder, wie rechtspopulistische Gruppierungen betonen, dass die EU selbst zum Sicherheitsrisiko wird. Daraus ergibt sich die Frage, ob diese unterschiedlichen Tendenzen Anzeichen für eine breitere Politisierung sind, unter der das Projekt den Transfer zuvor nicht kontroverser oder nicht öffentlich behandelter Themen in den Bereich offener Entscheidungsfindung, öffentlicher Deliberation und gesellschaftlicher Kontestation versteht. Das Projekt hinterfragt traditionalistische und kritische Ansätze, die europäische Sicherheit entweder als besonderes Feld der high politics und Prärogative der Exekutive, als versicherheitlichtes Feld jenseits normaler Politik oder als technokratisches Mehrebenenregieren kennzeichnen, das sich einer Politisierung entzieht. Dieses Projekt verbindet aktuelle Debatten zur Politisierung europäischen und globalen Regierens mit der Forschung zu Versicherheitlichung (securitization), beleuchtet das spannungsreiche Verhältnis von Sicherheit und Politik und trägt zu einem besseren Verständnis der politischen Dynamiken im Feld europäischer Sicherheit bei.